Jaana Caspary
Ich habe eigentlich immer schon irgendetwas gebastelt. Ich habe zum Beispiel im Wald ein Stück Holz gefunden und daraus etwas geschnitzt. So ist es wahrscheinlich entstanden. Die künstlerische Tätigkeit war also schon immer da und ist mit mir mit gewachsen und wächst weiter mit mir mit. Das ist als Kind natürlich eine völlig andere Herangehensweise als dann später als Erwachsener Mensch. Jetzt reflektiere ich die Dinge in meinem Leben ganz anders, wie auch die Qualität, die ich von einem hergestellten Werk erwarte. Da geht es dann um intuitives Handeln, um Inhaltliches, wie auch um reflektierte Herangehensweisen oder Techniken in der Umsetzung. Das ist spannend. Ich habe auch schon einige Ideen für zukünftige Arbeiten, über die ich bisher nur nachdenke, welche also jetzt gerade nur in meinem Kopf herumschwirren und nur ich entscheide ob ich diese dann auch auf die Welt bringe.
Meine Eltern sind auch beide Künstler. Mein Vater (Peter Caspary) ist Maler, meine Mutter (Rita Caspary) ist Fotografin. Da musste vielleicht noch etwas Voluminöses dazu,... die Skulpturen meine ich…(lacht)
Ich habe meine Eltern in Ihrer Arbeit und in Ihrem Leben als Künstler beobachten können, sie und mein Bruder Mirko waren in meiner Kindheit immer um mich herum. Sind sie heute noch. Was eine sehr schöne Verbindung ist auch weil wir zwischen Spülmaschine ausräumen, Katzen füttern oder Müll runter bringen interessante Gesprächsthemen haben. Sie hatten damals und haben Ihre Ateliers immer noch in unserem Wohnhaus. Ich war dann automatisch immer mitten drin und kam bis jetzt auch nicht mehr davon weg weiter zu machen. Jetzt mittlerweile in meinem eigenen Atelier.
Ich war sehr häufig im Atelier meiner Eltern. Ich habe mich einfach immer gerne dort aufgehalten und es gab dort immer einen Platz zum Arbeiten für mich. Sie haben sich immer für mich eingesetzt und jetzt helfen wir uns gegenseitig.
In der Schulzeit habe ich ein Praktikum bei den Wuppertaler Bühnen im Bereich Bühnenplastik und Bühnenbild beim Tanztheater Pina Bausch gemacht. Das hat mir sehr gefallen. Mein Abitur habe ich dann in Gestaltung gemacht und währenddessen ein Praktikum im Atelier von Tony Cragg. Das war toll, dort habe ich dann auch weiterhin immer mal wieder gearbeitet. Nach dem Abitur, mit 19 bin ich dann an der Kunstakademie Düsseldorf angenommen worden und war dort in der Klasse von Prof. Didier Vermeiren. 2014 habe ich meinen Abschluss dort gemacht. Das war eine wichtige Zeit für mich, aber irgendwann fühlt man einfach das es Zeit ist zu gehen.
Danach muss man sich erst einmal umstrukturieren. In der Akademie hatten wir viele Möglichkeiten, wie die verschiedenen Werkstätten mit Equipment, die wir nutzen konnten direkt um uns herum. Nach der Akademie ging es für mich darum das zu finden was man braucht und mit dem zu handeln was man hat und heraus zu finden was man will. Da gibt es natürlich viele Möglichkeiten... Ich hatte auch die Option eine Zeitlang nach Amsterdam zu gehen. Nach dem Studium an der Kunstakademie wurde mir der Kunstförderpreis für Junge Kunst NRW verliehen, der mit einer großen Ausstellung verbunden war und das Kulturbahnhof Eller Atelier Stipendium in Düsseldorf. Ich brauchte nach meinem Abschluss ein Atelier, das war klar, weil ich größtenteils Skulpturen baue brauche ich den Raum und eine Werkstatt. Zuerst war ich mit ein paar Freunden gemeinsam in einem Atelier.
Ja, und jetzt sitzen wir hier...in meinem Atelier, in dem ich seit 2015 arbeite. Ich kann die Räume hier alleine nutzen, was sehr schön ist, weil ich mich von Wandbegrenzung zu Wandbegrenzung so ausbreiten kann wie ich es gerade brauche. Wenn es zu chaotisch ist bin ich selber schuld.
Manchmal ist es auch einsam, aber ich kann konzentriert und fokussiert arbeiten. Ich lade manchmal Freunde zu mir ins Atelier ein. Es ist wichtig sich zwischendurch über die künstlerische Arbeit auszutauschen.
Ja, klar. Ich lebe in Wuppertal. Ich wohne nicht weit von meinem Atelier entfernt. Ich hatte auch mal überlegt direkt hier in meinem Atelier zu wohnen, aber das ist für meine Arbeit nicht gut. Ich denke, dass ich eine Räumliche Abgrenzung brauche, also quasi einen visuellen Abstandshalter. Meine Gedanken, Ideen und Projekte begleiten mich aber trotzdem überall mit hin. Man nimmt sich ja immer selbst mit. Mein Atelier ist auch eher eine Werkstatt und es entsteht teilweise wirklich viel unangenehmer Dreck, da bin ich froh wenn ich woanders hin kann.
Ich bin bisher nie wirklich aus Wuppertal weggekommen. Viele meiner besten Freunde sind hier und meine Familie. Ich war zwar zwischendurch (2017) in Paris, da hatte ich ein Stipendium und bin so auch viel unterwegs, wegen Ausstellungen oder einfach verreisen. Meine Homebase ist Wuppertal.
Wuppertal ist meine Heimat. Ich mag die Stadt, sehr charmant einige Ecken, irgendwie skurill, eigenwillig, irgendwie besonders und die Schwebebahn, die auch direkt hier an meinem Fenster vorbei fährt. Es ist schön direkt am Fluss zu sein. Das fließende Wasser bringt Bewegung. Es stoppt nie, hält nie an und fließt einfach vorbei und irgendwo hin weiter.
Das ist ganz unterschiedlich, so genau kann ich das gar nicht sagen, weil es einfach immer anders ist. So kann man, glaube ich, auch gar nicht arbeiten. Man kann sich nicht in den Kopf setzen, man müsse jetzt eine Arbeit machen, damit man diese dann verkaufen kann. Man weiß es einfach vorher nicht. Ich gehe nicht in mein Atelier um Geld zu machen, dass ist anders als wenn man arbeiten geht, da bekommt man seinen Stundenlohn, das habe ich nicht.
Doch, es funktioniert. Ich hatte schon mehrere Möglichkeiten die ich nutzen konnte. Ich hatte eine schöne Gelegenheit im Wilhelm Lehmbruck-Museum in Duisburg auszustellen. Das war 2015 zur Ausstellung „Wahlverwandtschaften“. Dort konnte ich eine neue große Wandinstallation zeigen. Weiße Formen, die aus der Wand heraus wachsen. Es ist natürlich wahnsinnig, so etwas machen zu dürfen. Das Wilhelm Lehmbruck-Museum ist auf Skulpturen spezialisiert. Es war natürlich ein toller Ort, um eine raumorientierte Arbeit umzusetzen.
Das ist auch wieder ganz verschieden. Es gibt auch Möglichkeiten, sich zu einer Ausschreibung zu bewerben.
Nein eigentlich nicht, ich sehe das eher als ein zweites Medium, welches schon eigenständig für sich steht, welches ich aber durchaus mit meiner Skulpturalen Arbeitsweise verbinde und in Zusammenhang setze. Diese Steine hier (zeigt auf einige Objekte), das sind Formen, die mit Fotos überzogen sind. Mein Gedanke war, von einem dreidimensionalen Objekt auszugehen, das eine bestimmte Farbe, eine bestimmte Struktur und eine bestimmte Oberfläche und Form hat. Davon habe ich Detailfotoaufnahmen gemacht und diese dann wieder auf eine von mir hergestellte dreidimensionale Form transformiert. Ich habe mit den Steinen begonnen und habe sie anfangs farbig belassen, aber jetzt bin ich wieder dazu übergegangen sie in Schwarz-Weiß umzusetzen, um Ihren Ursprung noch weiter von dem zu entfernen was sie ursprünglich waren. Beispielsweise ein Foto von einem orangefarbenen Schwamm von der Post, womit man die Briefmarken befeuchtet. Diese Musterstruktur in Schwarz-Weiß wird zu einer abstrakten Mondlandschaft, die ich dann auf eine Form bringe, die dann wieder nur durch die Oberfläche und den Formbezug, den wir herstellen zu einem Stein wird. Ich mag es dass es nur subtile Unterschiede innerhalb dieser Seriellen Arbeit gibt und man erst im Vergleich bemerkt das es nicht einfach nur Steine sind, die irgendjemand dort an der Wand installiert hat. Ich mag es wenn etwas verwirrt oder irritiert.
Das ist Kunststoff. Die Form ist aus Styropor gebaut und dann mit Kunststoff beschichtet. Das ist Flüssigkunststoff, der dann aushärtet. Ich schaffe eine Verbindung von dem Foto, das eine strukturierte Oberfläche zeigt, die auf einer Form aufliegt. Dieses hier ist eine detaillierte Fotografie von Teichfolie. Erkennt man es? Die Form erinnert vielleicht an einen Schildkrötenpanzer (ein anderes Objekt aus der Reihe) Die ganze Bildinformation verschwindet ja eigentlich, dass finde ich spannend.
Ein verwirrendes, irritierendes Teil.
Also, die Besucher werden schon selber Gedanken zu dem haben was sie in einer Ausstellung sehen. Jeder kann daraus machen oder sich denken, was er möchte. Ich spreche aber auch gerne mit Leuten. Es gibt keine Anleitung. Die braucht es auch gar nicht, das wäre überflüssig. Ich kommuniziere gerne. Da gibt es viele Möglichkeiten. Man kann etwas aussprechen, anderes einfach spüren. Einiges kann man gar nicht aussprechen oder beschreiben. Das ist dann einfach wie es ist.
Teilweise schon. Die Steine hier haben keine direkten Titel, weil es eine zusammenhängende Serie ist. Trotzdem steht jedes mit seiner Information für sich. Andere Arbeiten haben schon Titel, das hängt von verschiedenem ab. Die Arbeit dort hinten an der Wand hat den Titel „Hinter den Kulissen“. Das ist ein nachmodellierter Stoff, wie Gardinen, die vor einem Fenster hängen, ohne dass es ein Fenster dahinter gibt.
Die Formen sind mit Acrylfüller modelliert und in wahnsinnig vielen Schichten überzogen und bearbeitet um die richtige Form zu finden.
Ja, ich darf das immer... (lacht) .
Gardinen können auch farbig sein, aber dieses weiße Stoffliche beizubehalten hat natürlich einen Grund. Es entstehen Schattierungen, die bei neutralem reinweiß besonders schön verfließen. Ich finde es schon sehr schwer sich für eine Farbe oder ein Material zu entscheiden, das bringt ziemlich viele Fragen und Entscheidungen mit sich. Ich beschäftige mich viel mit Kontrasten oder eben vielleicht auch mit „nicht-Kontrasten“. Ich mag es mit Weiß auf Weiß zu arbeiten. Es gibt den Formen eine gewisse Präsenz ohne sich visuell direkt aufzudrängen, dass hängt natürlich von der jeweiligen Umgebung ab. Ich mag es wenn sich in den Arbeiten eine visuelle und eine inhaltliche Botschaft versteckt und Fragen aufkommen.
Wo die Ideen letzten Endes herkommen, ist vielleicht gar nicht so wichtig, sondern eher wo man sie neu hinbringt. Das kann ja alles sein, was man so sieht oder was einen beschäftigt. Begegnungen, Fragen, Tatsachen, … Whatever.... Es ist ein fortlaufender Arbeitsprozess. Eigentlich überall wo ich bin arbeite ich auch...In meinem Studio kann ich dann einige Arbeiten umsetzen. Bei manchen ist es von vorne herein klar. Da weiß ich genau was ich haben will, dass kann sich aber während der Arbeit genauso gut wieder ändern und ich schlage eine andere Richtung ein. Während meiner Arbeit im Atelier kann einiges passieren was unerwartet und nicht geplant war und fließt mit ein. Manchmal finde ich auch ältere angefangene Arbeiten wieder, die ich plötzlich wieder interessant finde und dann arbeite ich daran weiter.
Sich einer bestimmten Thematik zu verschreiben finde ich langweilig, dass würde mich viel zu sehr einschränken, die Welt in der wir leben ist viel zu komplex um sich mit einem bestimmten Grundthema auseinander zusetzen. Die Arbeiten entwickeln sich von einer zur nächsten. Ich arbeite nie nur an einer Arbeit, es sind immer mehrere Projekte an denen ich dran bin.
Ja, einfach, weil es so schön veränderbar ist. Man kann es kleben und wieder etwas abschneiden.
Und man kann mit verschiedenen Oberflächen arbeiten, ohne verschiedene Materialien zu wählen.
Wie geht man vor mit der Idee, die man hat? Das hier ist aus Kunststoff geformt, da ist dann Watte drüber als Oberfläche, die dann nochmal lackiert ist. Watte ist ja eigentlich so ein faseriges, weiches Zeug, mit dem man aber auch eine Festigkeit erzeugen kann, indem man es in etwas eintunkt, ihm eine neue Farbe gibt.
Ich liebe das Experimentieren mit Materialien. Was kann man damit überhaupt machen? Oder hier diese Sandoberfläche, die später auf dem Boden liegen soll … das soll Treibsand sein, aber der Sand hat mit Styropor schon eine Untergrundform. Die kommt jetzt zum Jürgen Grölle in die Galerie.
Nein, mein Galerist ist er eigentlich nicht. Wir arbeiten auf verschiedene Weise zusammen. Uns verbindet eine großartige Freundschaft. Ich habe aber auch schon mal in den Galerie Räumen bei Gruppenausstellungen mit ausgestellt. Jürgen Grölle hat seine Galerie ganz hier in der Nähe von meinem Atelier. Neben seinen Galerie Räumen hat er einen zweiten Ausstellungsraum, „Raum2“. Seit Ende 2016 organisiere ich mit Jonas Hohnke und Charlotte Perrin unter „INTERVENTIONS“ gemeinsame Projekte und Ausstellungen. Wir kuratieren dort Ausstellungen mit Künstlern die wir einladen. Das ist eine Menge zusätzliche Arbeit, an der wir aber sehr viel Freude haben. Mit Charlotte und Jonas organisiere ich auch gerade das „8. Skulpturenprojekt Hardt“ im Botanischen Garten.
Dann hast Du ja Deinen Weg gefunden und durchgezogen, was Du von Anfang an wolltest …
Das kam irgendwie so.
Was hast Du noch für ein großes Ziel?
Ich plane nichts Bestimmtes. Ich gehe mit dem um was gerade ansteht und was ich möchte.
Aber es ist schon toll, wenn man seinen Traum leben kann.
Ja, das ist ein Privileg. Es kostet aber auch viel Anstrengung und Kraft, gleichzeitig gibt mir die Arbeit Energie.
Ich habe nie ernsthaft über was anderes nachgedacht.
Ich gehe gerne wandern und vereise gerne. Einfach nur mit einem Rucksack unterwegs sein. Das ist dann alles was ich dabei habe und brauche.
Was man sieht, ist nicht immer das was man denkt, was es ist …
Nein, jedes Werk hat seine eigene Wichtigkeit.
Eine 40 Stunden Woche habe ich in jedem Fall. Ich versuche schon häufig in meinem Atelier zu sein. Manchmal klappt es aber auch nicht, weil ich unterwegs bin oder andere Sachen erledigen muss. Manchmal brauchen die Arbeiten auch Zeit, um zu trocknen. Dann gibt es Tage an denen ich voller Energie bin, da kann ich mich nicht zurückhalten, dann arbeite ich auch mal 13 bis 14 Stunden am Stück, mehrere Tage hintereinander. Manchmal brauche ich aber auch einfach Abstand, alles wirken zu lassen und Fragen für mich zu klären, damit es wieder weiter gehen kann. Teilweise arbeite ich auch in anderen Werkstätten, in Handwerksbetrieben, die eine gute Ausstattung haben für die Arbeit die ich erstellen möchte. Diese Bronze (zeigt eine Plastik aus Bronze) hier, die habe ich gießen lassen.
Ja, ganz unterschiedlich, es kommt immer darauf an was ich gerade umsetzten möchte.
Bestimmt. Ausprobieren ist immer spannend.
Vielleicht unterschiedliche Grau- und Weißtöne (lacht) …
Zur Person
Jana Caspary - Jahrgang 1988 - 2007 - 2014 Studium an der Kunstakademie Düsseldorf - Meisterschülerin bei Prof. Didier Vermeiren -
Freie Malerin - lebt und arbeitet in Wuppertal